Individualität
steht für Freiheit, Autonomie und Emanzipation, man entflieht in der
modernen Welt den alten Familientraditionen und kann durch unendlich
vielen Möglichkeiten zumindest in der industrialen Welt seinen
Lebensweg individuell gestalten. Jeder trägt den Wunsch nach Einzigartigkeit in sich, egal ob bewusst oder unbewusst. Man möchte sich von seinem Umfeld abheben, man möchte besonders sein, man möchte auffallen oder auch nicht, denn genau da ist ja der Unterschied! Wenn alle auffallen wollen, dann versuche ich so unscheinbar wie möglich zu sein, denn erst dann bin ich individuell. Oder? Oder bin ich doch nur eine von vielen und bilde mir nur ein einzigartig zu sein, obwohl ich es gar nicht bin? Was macht mich überhaupt einzigartig? Und wieso ist dieses Gefühl so verdammt wichtig?
Die erste Frage, die sich mir stellt ist: Kann man überhaupt noch von Individualität sprechen? Heutzutage
werden Modetrends durch mediale Werbung vorgegeben denen man blind
folgt, einerseits, um dazuzugehören, andererseits, um anders zu
sein. Dieses ganze Wirrwarr von wahrer Individualität und
Scheinindividualität ist nur schwer zu durchblicken und ehrlich
gesagt habe ich es schon lange aufgegeben auf andere individuell zu
wirken. Wenn ich meine, dass ich mir Nikes kaufen muss, weil ich sie
schön finde, dann kauf ich mir die auch, wenn ich meine mir Tattoos
stechen zu lassen, dann mach ich das auch und wenn ich meine, dass
ich damit glücklich bin, dass ich mit meinem Leben und so wie ich es
führe zufrieden bin, dann ist das halt so. Dabei sollte es allen
anderen scheißegal sein, ob ich jetzt „Mainstream“ oder
„Hipster“ bin, weil meiner Meinung nach Individualität eine
persönliche Einstellungssache ist.
Individualität
drückt man, wie ich finde, nicht durch meine Klamotten oder meine
Besitztümer aus. Individualität trägt jeder Mensch in sich und
genau das kann überhaupt nicht nach außen getragen werden. Ja,
vielleicht ist Individualität Mainstream geworden und hebt sich
dadurch auch irgendwie selbst wieder auf, aber für mich gibt es zwei
Seiten der Einzigartigkeit. Zum einen die, die man nach außen hin
zeigt, die von anderen be- und verurteilt wird – was leider
menschlich und normal geworden ist – und zum Anderen die Seite, die
man in sich trägt.
Jeder
Mensch hat seine eigene Geschichte, ist einen eigenen Weg gegangen,
hat unterschiedliche Erfahrungen gemacht und unterschiedliche
Menschen kennengelernt. Das ist etwas, das man niemals nach außen
tragen kann.
Ich
denke, dass die Individualität, über die im Internet ständig
gesprochen wird, nicht mehr existiert. Man hat irgendwann angefangen
sich weiterzuentwickeln und hat versucht alle Möglichkeiten, die
sich einem Menschen in der modernen Welt bieten, auszuschöpfen, aber
schon bald hat dieser Wunsch nach Anderssein angefangen Überforderung
hervorzurufen. Menschen sind einfach hoffnungslos überfordert.
Selbst wenn sie denken, dass sie es nicht sind, sind sie es. Entweder
mit ihrem Leben insgesamt oder in bestimmten Situationen. Das ist
halt die Gesellschaft, damit müssen wir aufwachsen und leben lernen.
Die Überforderung hat dazu geführt, dass sich Trends gebildet
haben, etwas, an dem man sich festhalten und zu dessen Gruppe man
dazugehören kann. Das ist nichts Verwerfliches, sondern einfach
normal. Es gibt unterschiedliche gesellschaftliche Gruppierungen, die
Nerds, die Punker, die Hipster, die Streber und und und. Jede dieser
Gruppen hat einen Namen und jeder Mensch kann in eine Gruppe
eingeordnet werden, versucht aber mit aller Macht das zu verhindern.
Aber Menschen müssen begreifen, dass das nicht möglich ist, weil
jeder in eine Schublade gesteckt wird! Damit sage ich allerdings
nicht, dass man das einfach hinnehmen und akzeptieren soll, man soll
dagegen rebellieren und für sich einstehen und sagen „Nein, ich
möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden, der ich mich
persönlich gar nicht zuordnen kann!“, aber um ganz ehrlich zu sein
wissen wir doch alle, dass es überhaupt nichts mehr bringt.
Deswegen
ist Individualität für mich etwas geworden, über das ich nicht
mehr groß nachdenke, weil ich einfach finde, dass ich meine ganz
eigene persönliche Individualität, meine Freiheit, meine
Selbstständigkeit, meinen eigenen Weg und meine Geschichte in mir
trage und genau darüber kann niemand auf dieser Welt urteilen. Nicht
mal die Eltern oder der Freund oder die Freundin oder der Bruder oder
die Schwester oder die beste Freundin können verstehen, was man wie
empfindet, weil Gefühle und Gedanken und Erfahrungen individuell
gemacht und empfunden werden.
Es
ist normal, dass man sich Vorbilder sucht, dass man Bilder oder
Videos im Internet sieht und denkt „Wow, die hat 'ne tolle Frisur,
die möchte ich auch haben!“ oder „Das Tattoo inspiriert mich für
mein erstes eigenes Tattoo!“ und so weiter. Selbst wenn es die
beste Freundin oder die Schwester oder ein Star ist, sich Vorbilder
suchen, an denen man sich in jungen Jahren orientiert, ist zwar
manchmal etwas nervenaufreibend für Außenstehende und wirkt meist
naiv, aber hey, das gehört zur Entwicklung dazu und ich finde es
überhaupt nicht schlimm, wenn 12 Jährige anfangen sich die Tattoos
ihrer YouTube-Vorbilder aufzumalen. Sollen sie es doch machen, sollen
sie sich halt schon schminken und ihren Idolen ihre Klamotten
nachkaufen, weil sie denken, dass sie ihnen so auffallen und
gefallen. Das alles ist menschlich und gehört für mich nicht zum
Thema Individualität, weil sich Individualität MEINER MEINUNG NACH
im Kopf ausbildet und dafür sind Kinder in dem Alter meist noch zu
jung, obwohl man das natürlich nicht generalisieren kann, da einige
reifer sind als andere.
Leben
und Leben lassen, sich auf sich selbst und seine eigene Einstellung
konzentrieren, das sollten einige mal lernen. Kinder interessieren
sich überhaupt nicht dafür, welche Schuhe man anhat, weil sie sich
nur für den Menschen an sich interessieren und genau da sollten sich
Erwachsene mal was von abgucken.
Es
ist doch vollkommen egal, ob ich Tattoos habe oder nicht, ob ich
meine Haare färbe oder nicht, ob ich Piercings habe oder nicht, ob
ich bei Hollister oder H&M oder KIK einkaufen gehe, weil das
alles einfach nichts mit mir als Person zu tun hat. Jeder Mensch ist
individuell, aber es ständig und ununterbrochen zu betonen und
darüber zu diskutieren, ob Individualität jetzt überhaupt noch
existent ist oder nicht und die ganze Zeit zu sagen „Ich bin anders
als alle anderen!“ bringt überhaupt nichts. Sowas sollte man ganz
einfach für sich behalten, verinnerlichen und stolz darauf sein,
denn es ist meiner Meinung nach eine Leistung, wenn man über sich
selbst sagen kann, dass man sich als eine eigenständige und
einzigartige Person sieht, die stolz auf sich, seinen Körper und
seinen Lebensweg ist, mit allen positiven und negativen Erfahrungen
ist. Wenn ihr Menschen dieser Art seid möchte ich euch eins sagen:
Ich bewundere euch. Wirklich. Denn nur weil ich hier von
Individualität spreche und sage, dass Individualität für mich
nicht etwas Äußerliches, sondern eine Einstellungsart ist, bedeutet
das nicht, dass ich das auch vollkommen verinnerlicht habe. Meiner
Meinung nach dauert so ein Prozess Jahrzente, bei manchen geht es
schneller, bei anderen langsamer und man bekommt oft zu hören, dass
man Fehler hat, man täuscht sich in Menschen, die einem Sachen an
den Kopf werfen, die einen an sich und seiner Einzigartigkeit
zweifeln lassen. Aber lasst euch eins gesagt sein:
Nutzt
die Worte eurer Kritiker lieber als Anregung, um euch möglicherweise
besser kennenzulernen und zu erfahren, wie ihr auf unterschiedliche
(und individuelle) Persönlichkeiten wirkt. Ihr könnt nicht von
allen geliebt werden und solltet stattdessen Menschen, die euch nicht
guttun, aus eurem Leben streichen, denn sie haben es nicht verdient
euch und eure Individualität anzuzweifeln. Kämpft nicht für solche
Menschen und kümmert euch um euch selbst, geht euren eigenen Weg und
macht das Beste aus euch und dann könnt ihr euch sicher sein, dass
ihr auf einem – meiner Meinung nach – guten Weg seid individuell
zu sein.
Hört
auf darauf zu achten, was andere Menschen denken und ob sie sagen,
dass ihr Hipster und Mainstream seid, weil ihr euch auch die neuen
Nike Roshe Run gekauft habt und Henna Tattoos habt und Indie Rock
hört und Turnbeutel anstelle von Handtaschen tragt. Macht einfach
das, was euch Spaß macht, denn es wird immer Menschen geben, die
euch kritisieren, aber die hören auch wieder auf, wenn sie jemand
anderen gefunden haben. Sie können vielleicht über euer Aussehen
lachen, aber nicht über das, was ihr in euch tragt. Und das ist eben
eure Geschichte, euer Lebensweg. Und selbst wenn jemand versucht
darüber zu urteilen, wie ihr euch verhaltet, wie ihr auftretet, was
ihr wann wo zu wem sagt – überhört es einfach. Es tut weh
kritisiert zu werden, aber der Schmerz wird vergehen. Und meistens
kränkt es einen auch nur so sehr, weil man weiß, dass vielleicht
ein bisschen Wahrheit dahinter steckt. Und genau da sind wir wieder
an dem Punkt angelangt: Nutzt die Worte eurer Feinde, um euch selbst
zu verbessern und seid nicht zu verbissen in dem Punkt „Ich
verändere mich nicht, weil ich einzigartig bin und mich jeder so
akzeptieren muss, wie ich bin!“. Sicherlich ist das sehr sehr
wichtig, aber seht es nicht als Veränderung, sondern als Optimierung
an, wenn ihr solche Worte zu hören bekommt.
Ich
hoffe, dass ich das Thema Individualität ein bisschen aufgegriffen
und verständlich dargelegt habe, es war zwischendurch ein riesiges
Durcheinander, aber beim Schreiben fallen mir immer 238942013
Gedanken gleichzeitig ein, die ich niederschreiben muss, und dann ist
das Ergebnis meist etwas komplex, aber so funktioniert mein Gehirn
leider!
Liebe
an euch!
Vivi.
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