Montag, 25. Mai 2015

Individualität


Individualität steht für Freiheit, Autonomie und Emanzipation, man entflieht in der modernen Welt den alten Familientraditionen und kann durch unendlich vielen Möglichkeiten zumindest in der industrialen Welt seinen Lebensweg individuell gestalten. Jeder trägt den Wunsch nach Einzigartigkeit in sich, egal ob bewusst oder unbewusst. Man möchte sich von seinem Umfeld abheben, man möchte besonders sein, man möchte auffallen oder auch nicht, denn genau da ist ja der Unterschied! Wenn alle auffallen wollen, dann versuche ich so unscheinbar wie möglich zu sein, denn erst dann bin ich individuell. Oder? Oder bin ich doch nur eine von vielen und bilde mir nur ein einzigartig zu sein, obwohl ich es gar nicht bin? Was macht mich überhaupt einzigartig? Und wieso ist dieses Gefühl so verdammt wichtig?

Die erste Frage, die sich mir stellt ist: Kann man überhaupt noch von Individualität sprechen? Heutzutage werden Modetrends durch mediale Werbung vorgegeben denen man blind folgt, einerseits, um dazuzugehören, andererseits, um anders zu sein. Dieses ganze Wirrwarr von wahrer Individualität und Scheinindividualität ist nur schwer zu durchblicken und ehrlich gesagt habe ich es schon lange aufgegeben auf andere individuell zu wirken. Wenn ich meine, dass ich mir Nikes kaufen muss, weil ich sie schön finde, dann kauf ich mir die auch, wenn ich meine mir Tattoos stechen zu lassen, dann mach ich das auch und wenn ich meine, dass ich damit glücklich bin, dass ich mit meinem Leben und so wie ich es führe zufrieden bin, dann ist das halt so. Dabei sollte es allen anderen scheißegal sein, ob ich jetzt „Mainstream“ oder „Hipster“ bin, weil meiner Meinung nach Individualität eine persönliche Einstellungssache ist.

Individualität drückt man, wie ich finde, nicht durch meine Klamotten oder meine Besitztümer aus. Individualität trägt jeder Mensch in sich und genau das kann überhaupt nicht nach außen getragen werden. Ja, vielleicht ist Individualität Mainstream geworden und hebt sich dadurch auch irgendwie selbst wieder auf, aber für mich gibt es zwei Seiten der Einzigartigkeit. Zum einen die, die man nach außen hin zeigt, die von anderen be- und verurteilt wird – was leider menschlich und normal geworden ist – und zum Anderen die Seite, die man in sich trägt.

Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, ist einen eigenen Weg gegangen, hat unterschiedliche Erfahrungen gemacht und unterschiedliche Menschen kennengelernt. Das ist etwas, das man niemals nach außen tragen kann.

Ich denke, dass die Individualität, über die im Internet ständig gesprochen wird, nicht mehr existiert. Man hat irgendwann angefangen sich weiterzuentwickeln und hat versucht alle Möglichkeiten, die sich einem Menschen in der modernen Welt bieten, auszuschöpfen, aber schon bald hat dieser Wunsch nach Anderssein angefangen Überforderung hervorzurufen. Menschen sind einfach hoffnungslos überfordert. Selbst wenn sie denken, dass sie es nicht sind, sind sie es. Entweder mit ihrem Leben insgesamt oder in bestimmten Situationen. Das ist halt die Gesellschaft, damit müssen wir aufwachsen und leben lernen. Die Überforderung hat dazu geführt, dass sich Trends gebildet haben, etwas, an dem man sich festhalten und zu dessen Gruppe man dazugehören kann. Das ist nichts Verwerfliches, sondern einfach normal. Es gibt unterschiedliche gesellschaftliche Gruppierungen, die Nerds, die Punker, die Hipster, die Streber und und und. Jede dieser Gruppen hat einen Namen und jeder Mensch kann in eine Gruppe eingeordnet werden, versucht aber mit aller Macht das zu verhindern. Aber Menschen müssen begreifen, dass das nicht möglich ist, weil jeder in eine Schublade gesteckt wird! Damit sage ich allerdings nicht, dass man das einfach hinnehmen und akzeptieren soll, man soll dagegen rebellieren und für sich einstehen und sagen „Nein, ich möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden, der ich mich persönlich gar nicht zuordnen kann!“, aber um ganz ehrlich zu sein wissen wir doch alle, dass es überhaupt nichts mehr bringt.

Deswegen ist Individualität für mich etwas geworden, über das ich nicht mehr groß nachdenke, weil ich einfach finde, dass ich meine ganz eigene persönliche Individualität, meine Freiheit, meine Selbstständigkeit, meinen eigenen Weg und meine Geschichte in mir trage und genau darüber kann niemand auf dieser Welt urteilen. Nicht mal die Eltern oder der Freund oder die Freundin oder der Bruder oder die Schwester oder die beste Freundin können verstehen, was man wie empfindet, weil Gefühle und Gedanken und Erfahrungen individuell gemacht und empfunden werden.

Es ist normal, dass man sich Vorbilder sucht, dass man Bilder oder Videos im Internet sieht und denkt „Wow, die hat 'ne tolle Frisur, die möchte ich auch haben!“ oder „Das Tattoo inspiriert mich für mein erstes eigenes Tattoo!“ und so weiter. Selbst wenn es die beste Freundin oder die Schwester oder ein Star ist, sich Vorbilder suchen, an denen man sich in jungen Jahren orientiert, ist zwar manchmal etwas nervenaufreibend für Außenstehende und wirkt meist naiv, aber hey, das gehört zur Entwicklung dazu und ich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn 12 Jährige anfangen sich die Tattoos ihrer YouTube-Vorbilder aufzumalen. Sollen sie es doch machen, sollen sie sich halt schon schminken und ihren Idolen ihre Klamotten nachkaufen, weil sie denken, dass sie ihnen so auffallen und gefallen. Das alles ist menschlich und gehört für mich nicht zum Thema Individualität, weil sich Individualität MEINER MEINUNG NACH im Kopf ausbildet und dafür sind Kinder in dem Alter meist noch zu jung, obwohl man das natürlich nicht generalisieren kann, da einige reifer sind als andere.

Leben und Leben lassen, sich auf sich selbst und seine eigene Einstellung konzentrieren, das sollten einige mal lernen. Kinder interessieren sich überhaupt nicht dafür, welche Schuhe man anhat, weil sie sich nur für den Menschen an sich interessieren und genau da sollten sich Erwachsene mal was von abgucken.

Es ist doch vollkommen egal, ob ich Tattoos habe oder nicht, ob ich meine Haare färbe oder nicht, ob ich Piercings habe oder nicht, ob ich bei Hollister oder H&M oder KIK einkaufen gehe, weil das alles einfach nichts mit mir als Person zu tun hat. Jeder Mensch ist individuell, aber es ständig und ununterbrochen zu betonen und darüber zu diskutieren, ob Individualität jetzt überhaupt noch existent ist oder nicht und die ganze Zeit zu sagen „Ich bin anders als alle anderen!“ bringt überhaupt nichts. Sowas sollte man ganz einfach für sich behalten, verinnerlichen und stolz darauf sein, denn es ist meiner Meinung nach eine Leistung, wenn man über sich selbst sagen kann, dass man sich als eine eigenständige und einzigartige Person sieht, die stolz auf sich, seinen Körper und seinen Lebensweg ist, mit allen positiven und negativen Erfahrungen ist. Wenn ihr Menschen dieser Art seid möchte ich euch eins sagen: Ich bewundere euch. Wirklich. Denn nur weil ich hier von Individualität spreche und sage, dass Individualität für mich nicht etwas Äußerliches, sondern eine Einstellungsart ist, bedeutet das nicht, dass ich das auch vollkommen verinnerlicht habe. Meiner Meinung nach dauert so ein Prozess Jahrzente, bei manchen geht es schneller, bei anderen langsamer und man bekommt oft zu hören, dass man Fehler hat, man täuscht sich in Menschen, die einem Sachen an den Kopf werfen, die einen an sich und seiner Einzigartigkeit zweifeln lassen. Aber lasst euch eins gesagt sein:
Nutzt die Worte eurer Kritiker lieber als Anregung, um euch möglicherweise besser kennenzulernen und zu erfahren, wie ihr auf unterschiedliche (und individuelle) Persönlichkeiten wirkt. Ihr könnt nicht von allen geliebt werden und solltet stattdessen Menschen, die euch nicht guttun, aus eurem Leben streichen, denn sie haben es nicht verdient euch und eure Individualität anzuzweifeln. Kämpft nicht für solche Menschen und kümmert euch um euch selbst, geht euren eigenen Weg und macht das Beste aus euch und dann könnt ihr euch sicher sein, dass ihr auf einem – meiner Meinung nach – guten Weg seid individuell zu sein.
Hört auf darauf zu achten, was andere Menschen denken und ob sie sagen, dass ihr Hipster und Mainstream seid, weil ihr euch auch die neuen Nike Roshe Run gekauft habt und Henna Tattoos habt und Indie Rock hört und Turnbeutel anstelle von Handtaschen tragt. Macht einfach das, was euch Spaß macht, denn es wird immer Menschen geben, die euch kritisieren, aber die hören auch wieder auf, wenn sie jemand anderen gefunden haben. Sie können vielleicht über euer Aussehen lachen, aber nicht über das, was ihr in euch tragt. Und das ist eben eure Geschichte, euer Lebensweg. Und selbst wenn jemand versucht darüber zu urteilen, wie ihr euch verhaltet, wie ihr auftretet, was ihr wann wo zu wem sagt – überhört es einfach. Es tut weh kritisiert zu werden, aber der Schmerz wird vergehen. Und meistens kränkt es einen auch nur so sehr, weil man weiß, dass vielleicht ein bisschen Wahrheit dahinter steckt. Und genau da sind wir wieder an dem Punkt angelangt: Nutzt die Worte eurer Feinde, um euch selbst zu verbessern und seid nicht zu verbissen in dem Punkt „Ich verändere mich nicht, weil ich einzigartig bin und mich jeder so akzeptieren muss, wie ich bin!“. Sicherlich ist das sehr sehr wichtig, aber seht es nicht als Veränderung, sondern als Optimierung an, wenn ihr solche Worte zu hören bekommt.

Ich hoffe, dass ich das Thema Individualität ein bisschen aufgegriffen und verständlich dargelegt habe, es war zwischendurch ein riesiges Durcheinander, aber beim Schreiben fallen mir immer 238942013 Gedanken gleichzeitig ein, die ich niederschreiben muss, und dann ist das Ergebnis meist etwas komplex, aber so funktioniert mein Gehirn leider!

Liebe an euch!



Vivi.

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