Wieder
ein Thema, das mich persönlich zurzeit sehr stark anspricht.
Einfach, weil ich selbst gerade im Prozess des „Erwachsenwerdens“
stecke. Und zwar so richtig.
Wo
fängt Erwachsenwerden an, wo hört es wieder auf, wie wird man
überhaupt erwachsen und was bedeutet das eigentlich?
Fangen
wir vorne an.
Erwachsenwerden
fängt ja angeblich in der Pubertät an. Jaja, die allseits so
beliebte Pubertät, die uns, gekennzeichnet durch
Stimmungsschwankungen, nächtliche Fressattacken, spontane
Heulkrämpfe und eine „Ich will mich nur noch im Bett verkriechen,
weil ich mich selbst nicht leiden kann“-Stimmung, das Leben schwer
macht.
Ich
denke allerdings, dass man Erwachsenwerden nicht pauschal auf ein
bestimmes Alter festsetzen kann. Erwachsensein hat nichts mit dem
Alter zu tun, sondern eher mit der Reife, wie verhält man sich, wie
tritt man auf, wie artikuliert man sich und und und.
Dabei
kann es sein, dass ein 14 Jähriges Mädchen genauso erwachsen wirkt,
wie eine 25 Jährige Frau, es kann aber auch sein, dass sich ein 20
Jahre alter junger Mann so verhält, wie ein 12 Jähriger. Und
andersrum.
Manche
Kineder und Jugendliche müssen halt auch einfach aus gegebenen
Umständen früher erwachsen werden als andere, die vielleicht
entweder später oder nie das Kind in ihnen ablegen.
Ich
für meinen Teil finde, dass man immer ein bisschen Kind in sich
aufbewahren und in ausgelassenen Momenten mit Freunden rauslassen
sollte. Einfach weil manchmal ein bisschen kindisch und albern und
aufgedreht sein nichts Verwerfliches ist, sondern nur zeigt, dass man
sich selbst nicht ständig so ernst nimmt und das ist doch eigentlich
eine ganz gute Eigenschaft!
Erwachsenwerden
hört meiner Meinung nach auch nie auf, man entwickelt sich sein
Leben lang weiter, macht neue Erfahrungen, lernt aus seinen Fehlern.
Und Menschen, die zum Beispiel mir ständig sagen „Kannst du dich
nicht mal wie 'ne Erwachsene benehmen?!“ überhöre ich
grundsätzlich, weil nein. Kann ich nicht, will ich nicht, mag ich
nicht, wenn ich Kind sein möchte, weil ich glücklich bin, dann
verhalte ich mich auch dementsprechend, würde ja dumm aussehen, wenn
ich auf einem Konzert stocksteif in der Menge stehe und mich nicht
rühre, weil „Erwachsene sich ja benehmen müssen“.
Ich
muss, bevor ich jetzt weiterschreibe, noch sagen, dass ich Pädagogik
Leistungskurs in der Schule hatte und vorhabe etwas in der Richtung
zu studieren, falls sich jemand fragt, woher diese ganzen Gedanken
kommen. Wir haben uns sehr viel mit dem Thema Jugend und
Erwachsenwerden beschäftigt und auch die Schwierigkeiten in der
heutigen Gesellschaft dargelegt, die Kinder oft daran hindern sich
weiterzuentwickeln oder in ihren Ideen und Wünschen verunsichert
werden.
Man
kann deutlich feststellen, dass wir in einer postmodernen und
konsumorientierten Marktgesellschaft leben, man muss immer auf dem
neusten Stand sein, das beste Handy haben, den teuersten Urlaub
buchen, die schönsten Klamotten tragen. Dabei werden wir von Werbung
beeinflusst, Werbung, die mehr verdummt, als fördert oder
unterstützt. Der Konsum steht in der Postmoderne einfach im
Vordergrund und lenkt vom Wesentlichen ab.
Immer
noch denken so viele, dass man rauchen und Alkohol trinken und alle
Drogen „mal ausprobieren“ muss, um cool zu sein, dass man nur
dazugehört, wenn man Nikes und Vans besitzt und sich jedes
Wochenende auf einer anderen Party rumtreibt. Wenn man lieber Zuhause
bleibt, Bücher liest, weite Pullis, ausgewaschene Jeans und 5 Jahre
alte Schuhe trägt, weil da halt nun mal Erinnerungen dran hängen
gehört man gleich nicht dazu und wird als komischer Kauz tituliert.
Danke auch.
I
wish that I could be like the cool kids, 'cause all the cool kids
they seem to fit in – dieses
Songzitat (Echosmith – Cool Kids) ist ein wunderbares Beispiel
dafür, wie sich Kinder heutzutage fühlen. Jeder, wirklich jeder
wollte schon mal irgendwo
dazugehören oder hat sich ausgeschlossen gefühlt, natürlich kann
man mit der Situation alleine und für sich zu sein auch glücklich
sein, aber auf Dauer keine Freunde zu haben ist wirklich nicht
unbedingt das, was man als Jugendlicher braucht. In dem naiven
jugendlichen Wahn und Wunsch allen gefallen zu wollen vergisst man
auch irgendwann, dass man sich ja auf sich selbst konzentrieren muss,
um erwachsen zu werden, eine eigene Meinung zu bestimmten Themen zu
entwickeln und sich auf das zu besinnen, was – laut den Erwachsenen
– wirklich wichtig im Leben
ist.
Es
wird immer deutlicher, dass Erwachsenwerden in der heutigen Zeit
einfach schwieriger geworden ist.
Früher
musste man als Junge den Beruf erlernen, den der Vater und der
Großvater und der Urgroßvater schon ausgeübt haben, als Mädchen
musste man sich auf die Aufgabe der Hausfrau vorbereiten. Man hatte
keine großen Auswahlmöglichkeiten und musste sich keine Gedanken
darum machen, was man später mal werden möchte, weil alles schon
vorgegeben war und alle waren zufrieden damit.
Aber
irgendwann begann die Emanzipation der Frau, viele wollten nicht mehr
nur am Herd stehen und putzen, fühlten sich unterdrückt und können
heute (leider immer noch nicht überall) auch zur Schule gehen und
einen Beruf erlernen. Problem hierbei ist nur, dass man heutzutage so
unfassbar viele Möglichkeiten hat:
Geh
ich studieren oder mach ich eine Ausbildung, mach ich ein
Auslandsjahr während meiner Schulzeit und wiederhole eine Klasse
oder mach ich das – wenn überhaupt – erst nach der Schule, will
ich vielleicht Work & Travel oder Au Pair in einem Land machen,
das ich noch nie besucht habe oder das mir sehr am Herzen liegt oder
mach ich doch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), viele Fragen und
nur eine Antwortmöglichkeit. Man muss viel zu früh entscheiden, was
man sein Leben lang machen möchte, und um das zu entscheiden, ist
man mit 16, 17, 18 Jahren meiner Meinung nach einfach wirklich viel
zu jung. Und wenn jemand den Mut fasst direkt nach dem Abitur
studieren zu gehen, wissen die meisten nicht mal was und studieren
dann BWL oder Lehramt oder „Irgendwas mit Medien“. Klar, alles
super Berufe, aber wenn man dann mitten im Studium nach 1, 2 Jahren
erkennt, dass das doch nicht das Richtige war und man eigentlich
lieber zur Polizeischule gegangen wäre – ja dann ist das doof.
Erwachsenwerden
wird nicht nur durch die frühe Berufswahl oder den Wunsch nach
Anerkennung beeinflusst. Viele Kinder und Jugendliche flüchten sich
und ihre Unsicherheiten schon früh ins Internet, wollen auf sozialen
Netzwerken nach Antworten und Anerkennung suchen und vergessen das
reale Leben. Das, was auf Jugendliche heutzutage medial einstürzt,
ist unfassbar. Egal ob im Fernseher, im Radio, auf Twitter, Facebook,
Instagram, Snapchat, YouTube und und und, man wird permanent mit
Informatinen zugespamt und weiß irgendwann überhaupt nicht mehr,
wie man differenzieren und damit umgehen soll.
„Der
Sinn des Lebens ist leben“, sagt Casper, aber wie soll man leben,
wenn man den ganzen Tag damit beschäftigt ist für die Schule zu
lernen, bevor man abends ins Bett fällt, wann soll man die Zeit als
Jugendlicher finden wirklich zu leben, wenn man 12 Jahre zur Schule
geht und danach direkt studiert, mit Mitte 20 fertig ist (wenn man
Glück hat) und danach direkt (oder schon während des Studiums)
arbeiten geht? Sicherlich findet man immer mal wieder die Zeit sein
Leben zu genießen und Momente auszukosten in denen man mal nicht vor
den Lernkarten sitzt, aber auch die vergehen und dann ist man im
gleichen Trott drin wie vorher auch.
Und
das nur, weil alle verlangen, dass man irgendwann erwachsen wird,
Kinder kriegt, ein Haus mit Garten baut, sich einen Labrador
anschafft und jeden Samstagmorgen mit seinen alten Freundinnen zum
Walken geht, um sich mal „abzureagieren“.
Ich
persönlich hab da wirklich keine Lust drauf, sicher will man
irgendwann mal „erwachsen“ werden, aber ich möchte nicht für
den Rest meines Lebens in einer Rolle stecken und mich nicht mal
entfalten dürfen, nur weil ich ja erwachsen bin. Ich möchte immer
ein bisschen Kind bleiben und selbst wenn die Pflichten einen
irgendwann übermannen und man doch in dieses „Familie Haus Hund“
Schema rutscht, selbst dann will ich noch verrückte Dinge
unternehmen und nicht ständig daran denken müssen, dass Erwachsene
das nicht tun, weil Erwachsene sich benehmen und eine Aufgabe haben –
Erwachsensein nämlich.
So
viele Menschen versuchen krampfhaft erwachsen zu werden und ich kann
wirklich nicht nachvollziehen warum? Erwachsensein ist anstrengend,
man muss Versicherungen abschließen, Steuern zahlen, das Auto in die
Waschanlage bringen, damit die Nachbarn nicht lästern, man muss den
Haushalt schmeißen UND arbeiten, man muss einfach so viele Dinge
selbst regeln. Kindsein ist doch so viel schöner, sich selbst und
sein Leben manchmal nicht ganz so ernst nehmen und einfach mal albern
und peinlich sein ist doch nichts Verwerfliches. Einfach, weil
Glücklichsein nichts Verwerfliches ist.
Wenn
man das jetzt alles zusammenfassen will, lässt sich eigentlich nur
sagen, dass es jedem selbst überlassen ist, wann und ob er oder sie
überhaupt erwachsen werden will und was er oder sie darunter
überhaupt versteht. Aber eins ist klar, Erwachsenwerden ist vor
allem heute so unfassbar anstrengend und Leben ist manchmal so
anstrengend und ein Kampf und verwirrend, wenn man in der Pubertät
steckt und sich zwangsweise über seine Zukunft Gedanken machen muss.
Aber irgendwie muss es ja weitergehen. The Show must go on! oder wie
heißt es so schön?
So,
nächster Post ist fertig, demnächst folgt dann einer über
Feminismus, mal schauen, ob ich da vor dem ESC noch die Zeit für
finde (finde ich sowieso nicht hihihihi, aber vielleicht schreib ich
den ja bis Sonntag fertig)!
Liebe
Liebe Liebe
Vivi.
Zunächst mal: ENDLICH schaffe ich es hier vorbei zu schauen, nach dem ich so viele positive Tweets gesehen habe! Kann ich auch alles verstehen, denn du hast eine schön formulierte Aussprache und das auch in einer logischen und durchdachten Reihenfolge.
AntwortenLöschenErwachsen sein/werden ist ein verdammt wichtiges Thema (*hust* Erikson 5.Phase *hust* *hust* Identitätsfindung *hust*) und wie du bereits sagtest, ist das gerade in der heutigen Zeit ein um so wichtigeres Thema! Ich würde mich freuen, wenn auch die Schulen dieses aufgreifen, aber da kommen dann vermutlich wieder die "wir haben keine Zeit/kein Personal dafür" Sprüche.
Persönlich für mich bin ich mit meinen 22 Jahren noch nicht Erwachsen. Das kann ich aber auch "nur" mit einem Gefühl erklären, dass mir sagt, mich noch nicht bereit zu fühlen in den ganzen Trott von Arbeit, Familie, Tod zu treten. Drastisch gekürzt, aber genau so fühlt sich das an .. anfangen zu arbeiten, Familie gründen, eigenes Haus und dann sterben .. davor noch am besten Enkelkinder haben. Für den Schritt fest zu arbeiten, bin ich für mich aber noch nicht bereit, da ich mich noch viel zu wenig habe ausprobieren und einfach leben können. Erst das und dann die auferlegten Zwänge für das Erwachsensein, was die Liebe Gesellschaft erschaffen hat.
lg,
Franzi
(kopfvsherz.wordpress.com)